VRS-Bilanz 2022: Einnahmeverluste von rund 52 Millionen Euro

VRS-Geschäftsführer berichten beim Bilanz-Pressegespräch am 13.04.2023

Bartarif nach Corona-Rückgängen weiter im Plus – Einnahmen bei ZeitTickets wegen 9-Euro-Ticket im Minus – Verkauf des Deutschlandtickets ist gestartet

Köln, 13. April 2023. Hinter dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Region liegt ein weiteres herausforderndes Jahr. Dieses Fazit zog Michael Vogel, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS), heute beim diesjährigen Bilanz-Pressegespräch.„DieAuswirkungen durch die Corona-Pandemie scheinen zwar ein Stückweit eingebremst zu sein, halten aber weiterhin an. Hinzu kam das 9-Euro-Ticket, das die Einnahmen in der Bilanz 2022 erheblich beeinflusst hat und eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren kaum zulässt.“ Neben den anhaltenden Corona-Folgen stehen die Verkehrsunternehmen vor immensen Herausforderungen aufgrund der durch den Krieg in der Ukraine forcierten Explosion der Energiepreise. Diese sind im Jahr 2022 immens gestiegen: für Diesel um 44,77 Prozent im Jahresmittel im Vergleich zu 2021, für Strom um 22,53 Prozent. Damit ist das Ende der Preisspirale noch nicht erreicht: Für Energie, Material und Personal im Jahr 2023 werden zwischen 13 und 17 Prozent Mehrkosten für die Verkehrsunternehmen prognostiziert.

In Summe haben die 21 im Beirat des VRS zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen Einnahmen in Höhe von 483,15 Millionen Euro erwirtschaftet. Das macht ein Minus von 52,03 Millionen Euro (- 9,72 %) im Vergleich zum Jahr 2021 (535,18 Mio. Euro).

9-Euro-Tickets im VRS-Gebiet

Im VRS-Gebiet wurden in den Monaten Juni, Juli und August 2022 mehr als rund 3,57 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft (entspricht Einnahmen in Höhe von 32,1 Millionen Euro). Hierin enthalten sind die an das beim VRS angesiedelte Kompetenzcenter Marketing NRW (KCM) gemeldeten frei verkäuflichen 9-Euro-Tickets sowie die rund 550.000 auf 9 Euro monatlich rabattierten AboTickets. In der Statistik fehlen allerdings die Daten externer Vertriebsstellen, die dem VRS nicht gemeldet wurden, sodass die Zahl der tatsächlich im VRS-Gebiet verkauften 9-Euro-Tickets deutlich höher liegen dürfte.

Bartarif weiter im Plus, Zeitkarten verlieren

Nach 2021 hat der Bartarif (EinzelTickets, AnschlussTickets, Mehrfahrtentickets und 24StundenTickets) auch im Jahr 2022 wieder zugelegt: Die Einnahmen stiegen hier um 13,66 Prozent auf 124,88 Millionen Euro (2021: 109,87 Millionen Euro). Besonders die 24StundenTickets mit einem Plus von 58,34 Prozent (10,45 Mio. Euro im Jahr 2021 zu 16,55 Mio. Euro im Jahr 2022) und die EinzelTickets mit einem Plus von 11,48 Prozent konnten im Jahr 2022 (2021: 81,06 Mio. Euro, 2022: 90,37 Mio. Euro) zulegen.

Gleichzeitig sind die Einnahmen bei den Zeitkarten vor allem aufgrund des 9-Euro-Tickets teilweise erheblich zurückgegangen. Bei den ZeitTickets für Erwachsene fielen die Einnahmen um 17,15 Prozent auf 206,93 Millionen Euro (2021: 249,77 Mio. Euro), während die Kundenzahlen bei den ZeitTickets für Erwachsene fast konstant blieben: Sie nahmen um lediglich 0,32 Prozent oder 1.100 Stück ab (2021: 343.800, 2022: 342.700). Dem gegenüber ist die Kundenzahl bei den ZeitTickets im Ausbildungsverkehr deutlich stärker gesunken: Der Rückgang beträgt hier 1,85 Prozent oder 6.500 Stück (2021: 351.800, 2022: 345.300). Die Einnahmen gingen auf 143,62 Millionen Euro zurück (2021: 170,73 Mio. Euro, -27,11 Mio. Euro bzw. -15,88 Prozent).

Die bei den Verkehrsunternehmen entstandenen Mindereinnahmen wurden aus den Unterstützungen des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, den sogenannten Rettungsschirmen, größtenteils aufgefangen. Für 2023 sind solche Unterstützungen aber nicht mehr zugesagt.

HandyTickets sind weiterhin beliebt

Der Trend hin zu digitalen Tarifen ist ungebrochen: Auch 2022 sind die Einnahmen beim VRS-HandyTicket wieder gestiegen, und zwar auf 49,59 Millionen Euro (2021: 36,09 Mio. Euro, + 37,41 %). Nicht nur die absoluten Zahlen steigen immer weiter. Der Anteil der HandyTickets macht in manchen Angeboten des Bartarifs bereits fast die Hälfte der verkauften Tickets aus (49,3 Prozent bei den 24StundenTickets 1 Person). Michael Vogel: „Diese Zahlen demonstrieren eindrücklich, dass die Digitalisierung der Tickets nicht mehr aufzuhalten ist und die Fahrgäste diesen komfortablen Vertriebsweg über das Smartphone, das als Fahrkartenautomat in der Hosen- oder der Handtasche dient, schätzen.“

Deutschlandticket: Verkauf ist am 03. April gestartet

Komfort und Einfachheit sind zur Überzeugung von Michael Vogel auch die beiden zentralen erwartbaren Erfolgsfaktoren für das Deutschlandticket, das als digitales Abo auf Chipkarte, per Handy-App oder als Online-Ticket erhältlich ist: „Natürlich ist der Preis von 49 Euro im Monat attraktiv und es ist gut zu wissen, dass man mit einem einzigen Ticket den Nahverkehr in ganz Deutschland nutzen kann. Das ist eine Riesen-Weiterentwicklung im Sinne der Fahrgäste. Daher bin ich überzeugt, dass das Deutschlandticket ein Erfolg wird, den wir als Verbundgesellschaft gemeinsam mit unseren Verkehrsunternehmen nach Kräften unterstützen.“

Mit den Partnern auf NRW-Ebene arbeitet der VRS derzeit auch an der Realisierung von Zusatznutzen zum Stichtag 1. Juli. Vorbehaltlich der Zustimmung der regionalen Gremien sollen Tickets für die NRW-weite Fahrradmitnahme (+39 Euro) und die 1.-Klasse-Nutzung (+69 Euro) als Upgrade für das Deutschlandticket erhältlich sein. Michael Vogel betont: „Die Arbeit am Deutschlandticket hört zu seinem Start am 01. Mai nicht auf. Jetzt gilt es aber zunächst, den Start sauber über die Bühne zu bringen. Im Anschluss können weitere tarifliche Detailfragen geklärt werden. Auch die Auskömmlichkeit des Deutschlandtickets in Kombination mit der Förderung durch Land und Bund, die ja zunächst auf zwei Jahre angelegt ist, werden wir genau beobachten, um gemeinsam mit der Politik ggf. rechtzeitig nachsteuern zu können.“

Politik muss sich noch stärker zum Nahverkehr bekennen

Denn die ÖPNV-Branche steht auch 2023 und über das laufende Jahr hinaus vor großen Herausforderungen: Neben den Energiekosten stellen auch die erwartbaren Tarifabschlüsse die Verkehrsunternehmen vor Herausforderungen. Hinzu kommt der dringend notwendige Ausbau des Nahverkehrs. Daher appellieren sowohl die VRS-Geschäftsführung als auch die Spitzen der politischen Fraktionen im Zweckverband an die Entscheiderinnen und Entscheider in Land und Bund, sich weiterhin zum Nahverkehr zu bekennen und die Kommunen als Aufgabenträger mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten. „Das Land NRW hat zwar gerade 200 Millionen Euro Unterstützung zur Milderung der Auswirkungen der Energiekrise zugesagt, wofür wir sehr dankbar sind“, betont Dr. Norbert Reinkober, ebenfalls VRS-Geschäftsführer. „Doch wir dürfen in der aktuellen Debatte nicht nur die Bestandsverkehre betrachten. Der Nahverkehr und die benötigte Infrastruktur müssen dringend ertüchtigt und ausgebaut werden, um eine konkurrenz- und leistungsfähige Alternative zum eigenen Auto zu sein. Die Kommunen sind bereits am Rande des Leistbaren angelangt und dürfen nicht noch stärker belastet werden, denn dann drohen Angebotskürzungen bei Bus und Bahn. Daher appellieren wir an Bund und Land, die Finanzierung des Nahverkehrs auf verlässliche und auskömmliche Füße zu stellen, um so die Verkehrswende nachhaltig voranzutreiben.“

 

Unter dem folgenden Download-Link finden Sie auch die heute im Bilanz-Pressegespräch vorgestellte Präsentation sowie Porträtfotos von Michael Vogel und Dr. Norbert Reinkober, die Sie bei Nennung des Bildhinweises „VRS GmbH/Smilla Dankert“ gerne für die Berichterstattung verwenden können:

https://download.vrs.de/dl/64413fc3

Zudem stellen wir Ihnen die Kurzfassung des Gutachtens zur Finanzierung des ÖPNV im VRS-Gebiet mit Vorschlägen für alternative Finanzierungsansätze zur Verfügung. Bitte beachten Sie bei Interesse auch unsere diesbezügliche Pressemitteilung.